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Am Beispiel einer tiefenpsychologischen Gruppentherapie gezeigt. Im Gegensatz zur Einzelpsychotherapie fristet die Gruppenpsychotherapie zum Kummer der Ärzte und Psychotherapeuten bisher ein kümmerliches Dasein. Dass dies kein haltbarer Zustand ist, sagen auch Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung und die Fachverbände. 

Seit der Einführung der Krankenkassen-finanzierten Psychotherapie 1967 kennt man einerseits die Verfahren der sogenannten Richtlinienpsychotherapie, Psychoanalyse, Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie, andererseits deren Anwendung als Einzelpsychotherapie oder Gruppenpsychotherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Im Gegensatz zur Einzelpsychotherapie fristet die Gruppenpsychotherapie zum Kummer der Ärzte und Psychotherapeuten bisher ein kümmerliches Dasein.

Dass dies kein haltbarer Zustand ist, sagen auch Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung und die Fachverbände.

In einer Gruppenpsychotherapie werden die in einer Gruppe auftretenden Gruppenphänomene wie Gruppendynamik und Gegenübertragung für die Psychotherapie genutzt. Gegenübertragung meint die den Therapeuten und Mitpatienten innerhalb der Therapie zugeschriebenen Gefühle.

Die Gruppe wirkt hierbei als Abbild der Gesellschaft und der Herkunftsfamilie jedes Teilnehmers. Grundlage ist ein tiefenpsychologisches Konzept, welches mit Erkenntnissen aus der Sozialpsychologie und der Gruppendynamik ergänzt wird. Die Teilnehmer sprechen über das, was sie beschäftigt, der Therapeut verhält sich wohlwollend und neutral. Dadurch entsteht eine Situation, in der die Teilnehmer Beziehungserfahrungen aus ihrer Kindheit und die damit verbundenen Gefühle wieder erleben können. Verbotene Wünsche und Tabus werden deutlich, Widerstand kann abgebaut werden und freigesetzte Energien können neu und hilfreich eingesetzt werden.

Der emotionale Zusammenhalt in der Gruppe und das gemeinsame zwischenmenschliche Lernen sind wichtige Wirkfaktoren, die die Gruppenpsychotherapie bietet. Die Teilnehmer sollen innerhalb der Gruppe Beziehungen aufbauen, sich Anderen gegenüber öffnen sowie Feedback geben und bekommen. Für den Therapeuten selbst ist die Komplexität der Gegenübertragungen der Teilnehmer untereinander, auf den Leiter und umgekehrt eine fachliche und persönliche Herausforderung, auf die er während seiner Ausbildung gut vorbereitet werden muss.

In Niedersachsen hat die Kassenärztliche Vereinigung die Zeichen der Zeit erkannt und zur Förderung der Gruppenpsychotherapie ab Januar 2014 einen 40-prozentigen Honoraraufschlag gewährt. Trotzdem sind bei den Psychotherapeuten und auch bei Patienten noch immer Widerstände gegen die Gruppentherapie vorhanden.

Hierzu der Bezirksausschussvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Bezirksstelle Stade, Dr. med. Stephan Brune:

Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) begrüßt den Ausbau der Gruppentherapie in der Psychotherapie. Bisher werden lediglich drei Prozent aller ambulanten Therapien als Gruppentherapien durchgeführt. Im stationären Bereich sind Gruppen der Standard. Daher sollte das Angebot an Gruppenpsychotherapie im ambulanten Bereich verbessert werden. Zum einen sollen gruppentypische Wirkfaktoren genutzt werden, zum anderen kann damit in kürzerer Zeit mehr Versicherten geholfen werden.
 
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Jahr 2013 daher auch zwei Regelungen zur Gruppentherapie aktualisiert und vereinfacht. Die beschlossenen Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie beinhalten zum einen die Verringerung der Mindestteilnehmerzahl in der tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Gruppentherapie von Kindern und Jugendlichen von sechs auf drei Teilnehmer.

Eine weitere Änderung der Richtlinie sieht vor, dass eine Verhaltenstherapie künftig auch als alleinige Gruppentherapie, und nicht nur in Verbindung mit Einzeltherapie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden kann. Die Verringerung der Mindestteilnehmerzahl für die Gruppentherapie von Kindern und Jugendlichen trägt altersspezifischen Entwicklungsbedingungen und den besonderen therapeutischen Erfordernissen bei Diagnosen wie ADHS, Autismus oder Verhaltensstörungen Rechnung. Besonders bei der Gruppenbehandlung von Kindern und Jugendlichen kann eine geringere Gruppengröße sinnvoll und sachgerecht sein.

Die weitere Änderung der Richtlinie vollzieht die konzeptionelle Weiterentwicklung der verhaltenstherapeutischen Gruppentherapie nach und verankert diese in der Versorgung von GKV-Versicherten Patientinnen und Patienten.

Jochen Timmermann, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) e.V. in Niedersachsen hat bereits langjährige Erfahrungen mit der therapeutischen Behandlung in Gruppen.

Auch er plädiert aus wirtschaftlicher, aber auch medizinisch-therapeutischer Sicht für die Anwendung von Gruppenpsychotherapien und sieht die Gruppentherapie als ein der Einzeltherapie überlegendes Behandlungsverfahren. „Viele Ohren hören mehr als zwei und viele Augen sehen mehr als zwei“, sagt Timmermann und sieht die Mitpatienten als Experten für ihre Erkrankung, deren Erfahrungen jedem Einzelnen in der Gruppe nützlich gemacht werden können.

Herr Timmermann hat von der Ärztekammer Niedersachsen eine Weiterbildungsgenehmigung für Gruppenpsychotherapie erteilt bekommen und ist seit Jahren erfolgreich in der Ausbildung von Gruppenpsychotherapeuten tätig. Persönlich sieht er für sich in der Motivation und Weiterbildung von Kollegen eine wichtige Aufgabe.