Das MVZ Timmermann und Partner war in Hannover, um das Jubiläum des NTFN (Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V.) zu feiern Zum 10-jährigen Bestehen des Netzwerks für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. lud der Verein am Freitag, den 25. August, von 10 bis 18 Uhr ins Haus der Region in Hannover ein.
Unter dem Thema „Psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen. Wo stehen wir in Niedersachsen?“ fand die Fachtagung mit anschließender Podiumsdiskussion unter reger Teilnahme statt. Neben der Niedersächsischen Sozialministerin und Schirmherrin des NTFN e.V., Cornelia Rundt, fanden sich Jens Grote (Präsident der Landesaufnahmebehörde), Doris Schröder-Köpf (Migrationsbeauftragte), Filiz Polat (Vorsitzende der Kommission für Migration und Teilhabe), Prof. Dr. Jochen Zenker (Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer), Detlef Schütte (BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und Dipl. Psych. Roman Rudyk (Präsident der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen) ein.
Besondere Beachtung fanden die Vorträge von Martin Roger (Landesbeauftragter für Flüchtlinge, Mitglied von Amnesty International und Gründungsmitglied des NTFN e. V.), Kai Weber (Flüchtlingsrat Niedersachen) und Prof. Dr. Jochen Zenker (Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BafF). Martin Roger zeigte eine Zusammenfassung der Fluchtursachen in den unterschiedlichen Herkunftsländern auf und wies auf Unzulänglichkeiten in der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen in Europa hin. Anschließend lieferte Kai Weber einen aufschlussreichen Überblick über 10 Jahre Flüchtlingspolitik in Niedersachsen. Sein Resümee war, dass das Asylrecht dringend überarbeitet werden muss, da es überaltert und unangepasst, starr sei. Prof. Dr. Jochen Zenker betonte die große Wichtigkeit von Psychosozialen Zentren für die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge. Die Psychosozialen Zentren müssen in jedem Fall weiter ausgebaut werden. Die nächste Tagung der BafF findet vom 09. Bis 11. November in Bremen statt.
Nach einer kommunikationsreichen Mittagspause wurde das „Friedländer Modell“ von Jenny Thomson (Projektmitarbeiterin des NTFN) vorgestellt. Das Medizinische Versorgungszentrum für psychische und körperliche Gesundheit, Jochen Timmermann (Leiter des MVZ), Claire Hoffrichter (Leiterin des Projektes Morgenröte (NTFN) und Mitarbeiterin des MVZ) und Ulrike Amoneit (Teamleitung des Bereichs Therapie und Soziales) hielten einen Vortrag mit dem Titel „Was braucht eine transkulturelle psychiatrisch-psychosomatische Praxis? Bestandsaufsaufnahmen aus dem Behandlungsalltag“. Jochen Timmermann (Facharzt Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, Ernährungsmedizin, Psychoonkologie) stellte zunächst das MVZ und das dazugehörige Menschen- und Leitbild vor. Zudem erläuterte er den Weg von der Idee bis zur Umsetzung des Projektes Morgenröte – Eine psychologische Sprechstunde für traumatisierte Flüchtlinge.
Claire Hoffrichter (M.Sc. Psychologin) erläuterte das Konzept des Projektes und stellte die Rolle der psychologischen Sprechstunde als Mittler zwischen dem Medizinischen Versorgungszentrum und der Behandlung von geflüchteten Menschen mit psychischen oder psychosomatischen Beschwerden vor. Seit August 2016 leitet sie im MVZ eine psychologische Sprechstunde für traumatisierte Flüchtlinge. Diese soll Betroffenen den Weg in das medizinische Versorgungssystem erleichtern. Neben der offenen Sprechstunde, die jeden Mittwoch von 14 bis 16 Uhr stattfindet und für die keine Termine vereinbart werden müssen, gibt es die Sprechstunde mit Terminvereinbarung. Es stehen Übersetzer unterschiedlichster Sprachen zur Verfügung. Die Sprechstunde ist ein Türöffner. Im Sinne eines Lotsen vermittelt und vernetzt sie und übt Psychoedukation und Krisenintervention aus.
Das Projekt Morgenröte ist eine Kooperation zwischen dem NTFN und dem MVZ und wird finanziert durch das Land Niedersachsen. Die psychologische Sprechstunde wird nicht kassenärztlich abgerechnet. Zahlen legen dar, dass das Projekt von den Betroffenen gut und gerne angenommen wird. Den Schluss des Vortrags bildete Ulrike Amoneit (Diplom-Sozialarbeiterin, Systemische Familien- und Institutionsberatung). Sie ging auf das Gelingen der medizinischen Integration von Flüchtlingen in das bestehende medizinische System ein und legte sowohl Stolpersteine als auch gewinnbringende Faktoren und Erfahrungen dar.
Im Anschluss wurden unterschiedliche Workshops mit moderierten Gesprächen angeboten. Nach Kaffee und Musik fand eine Podiumsdiskussion mit Bundestags- und Landtagsabgeordneten statt; Gesprächsimpuls gab Karin Loos (Geschäftsführerin des NTFN). Das Schlusswort hatte Erwin Jordan (Dezernent für soziale Infrastruktur der Region Hannover).
Die Referenten des MVZ sind sich einig, dass das Jubiläum eine sehr gelungene Veranstaltung war. Wir freuen uns über das positive Feedback, dass wir an diesem Tag erhalten haben. Die Kooperation zeigt sich als neuartiges, fortschrittliches Modell, das in dieser Form einzigartig ist. Es kann als Anregung für neue Projekte dienen und weißt Vorbildcharakter auf. Zudem möchten wir betonen, wie wichtig und sinnvoll die Arbeit des NTFN in den letzten 10 Jahren war und zukünftig sein wird. Flüchtlinge werden durch den Verein gesehen und wahrgenommen.
Und sie finden Hilfe auf unterschiedliche Weise: familiär, sozial-rechtlich, psychosozial und medizinisch. Wir als MVZ begrüßen es sehr, mit Hilfe dieses innovativen Projektes unseren Beitrag in der Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen in der Region Cuxhaven zu leisten.
Erstaunt hat uns die Einigkeit aller Vertreter der unterschiedlichen Parteien zum Thema Wichtigkeit und Ausbau Psychosozialer Zentren für traumatisierte Flüchtlinge. Alle waren sich einig, dass die psychosoziale, medizinische, fachärztliche und therapeutische Versorgung der Betroffenen verbessert werden muss. Wir hoffen auf eine Umsetzung dieses Gedankens.